Anfänge des geistlichen Blasens in Hermannsburg,Deutschland – Pastor Theodor Harms (1819-1885)
Zitat aus „Goldene Äpfel und silberne Schalen“
„Im Jahre 1848, das man mit Recht das tolle Jahr nennt, war ich jenseits der Elbe Hauslehrer auf dem Gut eines dänischen Grafen. Nun ging damals das Taumelgeschrei durchs Land. Was dänisch ist, taugt nichts, nur was deutsch ist, ist etwas wert. Ein Haufen Leute hatte sich vorgenommen, das Gut dieses dänischen Grafen anzutasten und zu zerstören. Da wir das nicht leiden wollten, vereinigten wir uns zu einer Schutzwehr, damit dem Gut kein Schaden zugefügt wurde. Natürlich mussten wir auch nachts wachen, und wenn man dabei keine Beschäftigung hat, wird es leicht langweilig, und die Müdigkeit stellt sich ein. Einer der Jäger des Gutes meinte, es müssten noch Blasinstrumente vorhanden sein, da der Graf früher welche gehabt habe, wenn wir die fänden, könnten wir ja einen Musikchor einrichten und hätten nachts treffliche Unterhaltung. Am folgenden Tage wurden die Instrumente nicht nur gesucht, sondern auch gefunden, es waren ein paar alte Klappenhörner, einige Bügelhörner und eine Posaune. Wohl waren sie etwas verbogen und tüchtig bestäubt, aber jeder ordentliche Bläser weiß, dass ein Instrument deshalb noch gut sein kann. Nun fehlte nur noch die Erlaubnis, die Instrumente benutzen zu dürfen. Sie wurde uns gern gewährt. Als wir beginnen wollten, fehlte uns der Lehrmeister, aber der Jäger, der uns auf diese Unterhaltung gebracht hatte, meinte, der alte Mann lebe noch, der früher den Leuten das Blasen beigebracht habe. Und wirklich, er kam zu uns, und wir gingen bei ihm in die Lehre. Wir fragten ihn: „ Aber wie sollten wir das Blasen lernen?, das scheint uns schwer zu sein“. Da antwortete der alte Mann: „Das Blasen ist quark, wenn man nur der Töne erst mächtig ist“. Und da wir uns ordentliche Mühe gaben, war das bei diesen Instrumenten nicht so schwer. Wohl blieb es eine recht unvollkommende Musik, denn die Instrumente waren nicht viel wert. Weil wir uns aber fleißig übten, haben wir uns manche Nacht daran erfreut. Als man nun sah, dass die Sache gut ging, sich auch davon überzeugte, dass die Instrumente nichts taugten, schenkte man uns neue, gute Trompeten und Hörner. Natürlich übten wir noch fleißiger und kamen gut vorwärts.“
Somit hat Theodor Harms gelernt und ausprobiert, was man für Kirche und Mission mit solchen Instrumenten machen kann. Bereits 1849 rief ihn sein Bruder Ludwig als Missionsinspektor und Leiter des Missionsseminars nach Hermannsburg. Dort begann er den Unterricht mit 12 Zöglingen. Er berichtet wie folgt:
„Wir fingen auch bald an zu singen, denn ich habe Gesang und Musik besonders lieb. Es fanden sich bald eine Menge junger Leute ein, die mit uns singen wollten und ein großer Singchor kam zustande. Da kam mir unser Blasen von dem gräflichen Gut in Erinnerung. Ich sprach mit den Zöglingen darüber, und sie hatten Mut zum Blasen. Wir hatten aber kein Geld, und mein Bruder wollte keins dazugeben. Die Zöglinge aber wussten Rat. Damals hatte der Herr eine große Erweckung in der Gemeinde und über die Grenzen derselben hinaus durch meinen Bruder bewirkt, viele Menschen hatten in Jesu Vergebung ein neues Leben gefunden. Darunter waren mehrere, die in ihrem unbekehrten Leben zum Tanz aufgespielt hatten. Nun hatten sie ihre Instrumente in die Ecke gestellt. Das wussten unsere Zöglinge, und zu diesen Leuten gingen sie mit ihrem Anliegen. Es dauerte nicht lange, da hatten wir 12 Instrumente entweder geliehen oder geschenkt bekommen. So fingen wir dann an zu üben und kamen bald vorwärts. Als mein Bruder unsere Fortschritte sah und sich von seinem Erstaunen etwas erholt hatte, kam es soweit, daß er uns Instrumente kaufte, und wir konnten mit Lust und Freude die neuen Instrumente gebrauchen. Durch Hermannsburg angeregt sind in vielen Gemeinden, nah und fern, Posaunenchöre entstanden. So kann der Herr oft aus kleinen Dingen Großes machen.